Ungehört. Ungesehen. Ruhend.
Hörbar. Sichtbar. Fordernd.
Selten treffen so widersprüchliche Aussagen auf ein Wesen zu. Zudem kann die Wechselwirkung dieses Zustandes während einem Herzschlag geschehen. Eben noch eingekugelt auf einer schlafwarmen Decke ... jetzt balancierend auf dem höchsten Möbel in der Wohnung. Die Katze.
Unnahbar und mystisch können Katzen einen ganzen Raum für sich einnehmen. Mit königlicher Erhabenheit definieren sie ihr Regime. Sie vermitteln Weisheit und Wissen von einer Welt, die vergessen ist. Wie Botschafter aus einer vergangenen (oder kommenden?) Zeit hüten sie dieses Wissen, das von uns erst wieder entdeckt werden soll.
«Die Augen einer Katze sind Fenster, die uns in eine andere Welt blicken lassen.» Aus Irland
So stolz und mayestätisch Katzen durchs Leben gehen, so knuddelig und süss können sie im nächsten Moment, auf dem Rücken liegend, Streicheleinheiten fordern. Katzen leben im Moment. Was war, stört sie nicht, was kommt, interessiert sie nicht. Wie sie die Zeit wahrnehmen, können wir nur erahnen. Auf jeden Fall lassen sich Katzen nicht von der Uhr bestimmen wie wir.
Katzen nehmen ihre Umgebung mit sensiblen Sinnen war. Sie schauen und starren an Orte, wo wir nichts sehen. Was sehen sie? Eine Welt, die nur mit einem filigranen Schleier von unserer getrennt ist? Nah, aber für unsere Augen unsichtbar? Oder starren sie nur ins Leere, wie wir es oft auch tun ... ?
Katzen fühlen die Stimmung in einem Raum. Sie fühlen, wenn etwas anders ist, wenn etwas nicht stimmt. Nuancen unseres Verhaltens nehmen sie sofort wahr. Sie wissen, wann sie trösten, oder wann sie Raum geben müssen.
Wenn aber das Fressnäpfchen gefüllt werden soll, sind temporär alle geheimnisvollen Züge verschwunden. Fressen. Jetzt.
Katzen mögen geschlossene Türen nicht. Jeder Raum soll begehbar sein. Ihr Orientierungssinn speichert einen Ort wie eine Karte ab. So werden Türen Mauern, die Gebiete versiegeln. Öffnen. Jetzt.
Das Schnurren der Katze dient in erster Linie zur Beruhigung. Es regt sogar den Selbstheilungsprozess bei Knochenbrüchen an. Bei Menschen bewirkt das Schnurren ebenfalls eine heilende Wirkung. Es senkt nachweislich den Blutdruck und reduziert damit das Herzinfarktrisiko. Unser Gehirn schüttet durch die wohligen Laute Glückshormone aus. Eine schnurrende Katze entspannt und macht glücklich. Eine Melodie des Vertrauens.
Eine Katze besitzt man nur auf dem Papier. Irgendwie. Aber das sind nur gesetzliche Bestimmungen. Man sagt ja: «Hunde haben Herrchen, Katzen haben Diener». Mit einem Schmunzeln kann man dieser Aussage recht geben. Katzen besitzen wir nicht. Sie uns aber auch nicht. Das würde ihrem Wesen wiederum nicht entsprechen. Vielmehr sind Katzen Begleiter. Manche nur für einen Moment. Auf dem Heimweg. Einen Augenblick. Beim Heimkommen. Augenblicke.
Katzen lehren uns mehr, als wir es sie je können. Sie zeigen uns, dass man sich von einem Moment auf den andern, strecken und räkeln kann ... dass man sich auf der Stelle drehen, das Allerwerteste zeigen, und weiterziehen kann ... dass man nicht warten, sondern nur ruhen muss ... dass man nicht eingebildet ist, sondern selbstbewusst ... dass man manchmal die Zunge draussen vergessen und dabei trotzdem niedlich aussehen kann ... dass man nicht buhlen muss, um geliebt zu werden ... und, und und ...
... und, dass man Spuren hinterlässt, auch, wenn sie leise, beinahe unhörbar sind.
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