Glänzend und schön. Strahlend.
Alles Sichtbare wird poliert und ins rechte Licht gerückt. Wenn nötig korrigiert, aktualisiert und versiegelt. Das äussere Erscheinungsbild soll Selbstbewusstsein und Überzeugung vermitteln. Mit kleinen Tricks und Tipps kann daran geschliffen werden, so dass es den bestmöglichen Eindruck hinterlässt. Und im Idealfall befindet sich das Innen in genau dem Zustand wie das Aussen ...
Nach Duden wird die Fassade folgendermassen definiert:
Die Fassade (von frz.: façade, über ital.: facciata, ursprüngl. von lat.: facies: Angesicht/Gesicht) ist ein gestalteter, oft repräsentativer Teil der sichtbaren Hülle eines Gebäudes.
1. vordere, gewöhnlich der Strasse zugekehrte, Aussenseite eines Gebäudes
2. Äusseres, Erscheinungsbild, das über den wahren Hintergrund, das eigentliche Wesen von jemandem (etwas), nichts aussagt, es verbirgt
Wie die Fassade den wahren Zustand des Inneren von Gebäuden verbirgt, ist das bei Menschen genauso. Das Innenleben wird verschleiert und versteckt. Manchmal unbewusst aber oft mit Absicht. Selten will man den Eindruck vermitteln, dass im Innen alles drunter und drüber oder zumindest ein bisschen durcheinander geraten ist. Die Fassade wird verzweifelt aufgefrischt und aufrecht erhalten, um zu blenden und abzulenken. Konditionierte Zufriedenheit.
Da unsere Gesellschaft zunehmend oberflächlicher wird, wird nur noch selten ins Innere geschaut. Zeit und Geduld fehlen. Weder bei andern noch bei sich selbst. Wohlstandsverwahrlosung wuchert. In den Zwischenwänden von Körper und Geist entsteht Schimmelbefall ... die Fassade bröckelt. Von Innen.
Fragen ohne die Antwort abzuwarten.
Lächeln mit Kalkül.
Nicken ohne zu verstehen.
Anwesend sein.
...
Fassaden haben viele Formen. Fassaden vermitteln manchmal was im Innen ist ...
Grau, fahl, erloschen ... traurig. Farbig, hell, leuchtend ... lebensfroh. Kantig, hart ... beherrscht. Weiss, frisch ... zufrieden. Manchmal wartet in einem schlichten Haus eine Wohlfühloase und in einem prunkvollen Tempel Einsamkeit. Manchmal trifft dasselbe auf Menschen zu. Manchmal begegnen sie uns wie Bühnenbilder und Bauten aus dem Vergnügungspark. Ohne Substanz konstruiert. Pompöse Leere. Und manchmal sind Menschen ein Zuhause.
Wenn unser Körper als Metapher für ein Haus steht, gilt es daher, nicht nur der Fassade Aufmerksamkeit zu schenken. Das Fundament wird mit Vertrauen und Zuversicht gestärkt. Mit regelmässigem Durchlüften kommt Frischluft in unserer Wohnstube. Regelmässiges Ausmisten von verwahrlosten und zerdenkten Gedanken macht Platz für neue Ideen. Ummöblieren und Umstrukturieren hilft neue Ziele zu stecken. Unserem Haus mehr als den jährlichen Frühjahresputz zu gönnen und immer wieder den Staubwedel zu schwingen kann nur von Vorteil sein ... immerhin wohnt darin unsere Seele.
Der deutsche Comiczeichner FLIX hat in seiner Reihe «Schöne Töchter» einen Cartoon veröffentlicht, der das Thema «Fassaden» perfekt vermittelt ...

Kommentar schreiben