REGEN.

Es regnet. Nach langer Zeit. Der starke Niederschlag lässt überall kleine goldene Bächlein entstehen. Der Blütenstaub, der seit Wochen seine Spuren hinterliess und beinahe alles bedeckt hat, wird vom Wasser weggetragen ... die Natur reinigt sich selbst, schliesst und öffnet Kreise. Ein Zyklus der Regeneration.

 

« ... und ich werde den Regen fallen lassen zu seiner Zeit, Regen des Segens werden es sein.» Hesekiel 34, 26

 

Regen ist seit jeher Lebensspender. Der Jahresertrag der Felder hängt auch heute noch davon ab, ob es genügend und zu rechter Zeit regnet. Darum gilt der Regen auch als Sinnbild des Segens und der Güte Gottes. Regen reinigt. Regen tränkt und nährt die Erde und all ihre Bewohner.

 

Manchmal können Gedanken wie trockene Felder sein. Zu lange im Kopf, bekommen sie Risse, werden staubig und trocknen neue Ideen aus. Denkweisen verändern sich. Dadurch werden Menschen manchmal innerlich zur Wüste. Manchmal sind Menschen eine Wüste. Wie auch die Wüste selbst ihre eigenen Regeln hat, leben «Wüsten-Menschen» mit ihrer Ödnis in vollem Bewusstsein. Die vegetationsarme Kargheit der Wüste ist ihr Gedankengut. Gewählt. Gewollt. Dann gibt es Menschen deren inneres Ökosystem über Zeit und Ereignisse systematisch abgeholzt wird oder durch Vernachlässigung verkümmert. Es wird zur trockenen, eintönigen Landschaft. Ungewollt.

 

Ereignisse können austrocknen. Lebenssaft aussaugen. Mentale Dehydration.

Benommen von der Austrocknung, die schleichend geschieht, taumelt man matt durch den Alltag. Farblos. Lustlos. Manchmal lässt sich kaum mehr ausmachen, was genau die Trockenheit ausgelöst hat. Ein persönliches, einschneidendes Erlebnis, Empathie, globale Geschehnisse ... ? Jeder Mensch erlebt Zeiten der inneren Wüste – der Trockenzeit – anders. Manche Menschen können sich selbst in einer trockenen Phase eine Oase bewahren, die ihnen Halt gibt. Ein Rückzugsort der Kraft tanken lässt. Manchmal ist dies ein physischer Ort, manchmal ein psychischer Zustand.

 

Regen ist Segen. Für Pflanzen, Tiere, Menschen und unseren Planeten. Der Regen ist für die Vegetation notwendig und lässt die Natur gedeihen und blühen. In der Religion ist das Ziel des Segens bzw. Segnens (lateinisch signandum) die Förderung von Glück und Gedeihen oder die Zusicherung von Schutz und Bewahrung. In unserer durchgeplanten Gesellschaft möchte man selbst das Wetter steuern und planen, deshalb ist der Regen oft unerwünscht, ausser, wenn er eben benötigt wird. Durch die grundsätzlich öffentliche Wahrnehmung der vermeintlichen Unnötigkeit des Regens, hat er in der westlichen Welt das Attribut «Segen» verloren ... 

 

«Some people feel the rain – others just get wet.»

«Manche Menschen können den Regen spüren. Andere werden nur nass.» Bob Marley

 

Den Regen als Segen für die Natur wahrzunehmen, hilft, diesen Aspekt symbolisch ins eigene Innere zu übertragen. Regen reinigt. Regen tränkt und nährt. Regen ist Segen. Er hilft ausgetrocknete Denkmuster aufzufrischen oder wegzuspülen ... Regen hilft neue Gefühle und Gedanken spriessen zu lassen.

 

Wenn der Blick aus dem Fenster für die innere Segnung nicht ausreicht, steht hinaus. Hinaus in den Regen. Werdet nicht nur nass, sondern spürt ihn ... 

 

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