«Das ist die perfekte Welle,
das ist der perfekte Tag.
Lass dich einfach von ihr tragen,
denk am besten gar nicht nach.» Juli
Ich weiss nicht, ob ich surfen kann. Ich habe es noch nie ausprobiert.
Ich stelle es mir aber ziemlich eindrücklich vor. Trotz meiner Unkenntnis darüber, reite ich in meiner Vorstellung auf den riesigen Wellen, die sich an den Stränden von Hawaii auftürmen ... wo sonst?
Stand-up-paddeln habe ich schon versucht. Versucht, weil meine Performance nicht unbedingt grazil und geschmeidig war. Vor allem war die Entscheidung, ein T-Shirt zu tragen um meine Haut nebst Creme vor der Sonne zu schützen, eine unkluge. Nach dem ersten Fall ins Wasser, konnte ich das Brett auf biegen und brechen nicht mehr alleine besteigen, weil ich mich dauernd verhedderte ... na ja, das ist eine andere Geschichte. Auf jeden Fall hatte ich nach einer harzigen Phase des beinahe unmöglichen Aufstiegs noch kurz das Feeling, wie SUPen so wäre. Es ist schön.
Wenn der Ozean sinnbildlich für unseren Alltag steht, dann ist dieser ebenfalls voller Strömungen, Wirbeln, Gischt, Ebbe und Flut, sanften Brisen, Flauten, Stürmen und Wellen.
Wenn man die Nase in den Wind streckt, kann man das Wetter manchmal vorausahnen, vielleicht schaut man aber auch trotzdem noch aufs App. Manchmal wird man dann doch überrascht. Und es kommt anders. Erwartungen. In «Erwarten» steckt «Warten» – man wartet auf etwas. Kommt es? Kommt es nicht? Es ist immer irgendwie fünzig/fünfzig. Eine Erwartung zu haben beeinflusst unser Denken. Bewusst, sicher aber unterbewusst.
Speziell in diesem Jahr ist vieles anders als vorher. Manches betrifft einem mehr oder weniger. Manchmal sind es Strömungen und dann wieder nur Gischt. Jeder surft anders durch den Alltag. Alle stehen wir aber irgendwie auf dem Brett und versuchen die Balance zu finden ... oder sie zu halten.
In unserer Gesellschaft wurden und werden wir vor allem mit Verben wie «müssen» und «sollen» geprägt – selten mit «dürfen» oder «möchten». Wir können aber selbst bestimmen, welche Art die unsere ist. Auch, wenn es oft nicht so scheint und wir wissen, dass es eben Dinge gibt, die man muss. «Man muss halt», hört man immer wieder. Deshalb sollten wir nicht aufhören, Wege zu suchen und zu finden, die uns «dürfen» lassen.
Alles darf. Nichts muss.
Ich darf.
Manchmal kommt die Welle hoch und wir sind noch nicht bereit dafür. Wir haben Angst davor. Angst, vom Brett zu stürzen und beinahe im Wasser zu ertrinken. Davor ist man nicht gefeit. Niemand. Das macht aber auch nichts. Es gibt Momente, in denen man sich einfach fallen und treiben lassen kann. Manchmal spuckt man dann eben Salzwasser aus und verflucht den Ozean. Dann packt man das Brett wieder, steigt auf und stürzt sich in die Wellen ...
«You can’t stop the waves, but you can learn to surf.»
‹Du kannst die Wellen nicht aufhalten, aber du kannst lernen zu surfen.> Jon Kabat-Zinn
Aus dem Surfer-Jargon gibt es zwei hilfreiche Tipps, wie man durch die Welle kommt, wenn sie sich nicht reiten lässt ...
Duck Dive: Eine Technik mit der man unter einer Welle hindurchtauchen kannst.
Turtle Roll: Eine Seitwärtsrolle beim rauspaddeln, um durch die Wellen zu kommen.
Vielleicht findet man im Alltag genau die richtige Technik, die hilft den Ozean und dessen Wellen, besser zu erkennen. Die Welle kommt immer. Früher oder später. In welcher Form, wissen wir nicht. In welcher Form wir uns in diesem Moment selbst befinden, wissen wir ebenfalls nicht. Es gibt unzählige Techniken, die man selbst entdecken und meistern kann. Auf dem Brett stehen wir alle alleine. Dankbarerweise gibt es da draussen unzählige (Seelen-)Surfer, die einem den einen oder anderen Trick beibringen können ...
Beim Surfen im Wasser sowie im Alltag ist es wichtig, sich vielmehr auf Gefühl als Fakten zu verlassen. Beim lange hinschauen und abwarten, ob die Welle kommt könnte es sein, dass man nicht bemerkt, dass man schon auf ihr reitet ...
«Wenn du surfen lernen willst solltest du lernen, dich mehr auf dein Herz zu verlassen, als auf deinen Kopf.» Surfer-Weisheit
Hang loose.
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Brischitte (Montag, 12 Oktober 2020 13:24)
Wunderbar ����♀️
corinne (Montag, 12 Oktober 2020 13:29)
«There are a million ways to surf. As long as you're smiling – you're doing it right.»
Jwan Reber (Montag, 12 Oktober 2020 13:34)
Daaaaanke vielmal!!!
Twinsa (Montag, 12 Oktober 2020 17:06)
Schöne Worte�
Ab und zu ein Duck Dive schadet nicht, so fern man nicht das gesammte Salzwasser inhaliert..
Manchmal ist kurz Abtauchen auch eine gute Variante. Denn nicht jede Welle muss mitgesurft werden.
Jwan Reber (Mittwoch, 14 Oktober 2020 14:25)
@Twinsa: Dankeschön!
Genau. Immer wieder mal ausspucken, wenn man zuuu lange Duck-diven muss. Und ja, auf jeder Welle muss man definitiv nicht mitreiten ... sonst wird es eh eng auf der Spitze ...
Lisa (Donnerstag, 15 Oktober 2020 10:40)
Volltreffer!