Wahrscheinlich wären unsere Smartphones für Menschen aus der Vergangenheit so etwas wie ein Zauberkasten.
Tatsächlich ist es ein Ding, das vieles kann und uns in allen Lebenslagen unterstützt. Würde man aber heute das gesamte Netzwerk und alle Verbindungen der Apps aufheben, wäre es auch für uns nur noch ein Kasten, der nicht mehr viel Zauber versprüht.
Das Smartphone verbindet uns mit Menschen die wir kennen, ebenso mit vielen Unbekannten aus aller Welt. Es macht Fotos. Es führt uns durch bekanntes oder unbekanntes Gebiet. Es ist unser Fahrplan. Es ist unsere Agenda. Wir lesen die Zeitung auf dem kleinen Bildschirm. Das Smartphone übersetzt für uns Sprachen. Rechnet für uns. Es macht Statistiken von unseren Aktivitäten. Es unterhält uns mit Musik oder Games ... und und und ... es gibt unzählbare Apps für beinahe jede Lebenssituation. Und telefonieren kann man mit dem Kasten auch noch.
Hören. Riechen. Schmecken. Sehen. Tasten. Unsere fünf Sinne.
Und dann ist da noch der sechste Sinn, der für die aussersinnliche Wahrnehmung von Dingen, ohne Verwendung der eben bekannten Sinnesorganen steht (PSI-Fähigkeiten, Telepathie, Hellsehen oder Präkognition). Unsere fünf oder eben sechs Sinne kann das Smartphone nicht ersetzen. Das ist auch gut so. Es reicht schon aus, dass wir unsere Sinne vom vielen Handy-Gebrauch abnutzen lassen. Ein technischer Begleiter aber auch Intuitions-Vereitler.
Immer früher kommen Kinder mit der modernen Technik in Berührung. Wobei, «moderne» Technik hört sich heutzutage altbacken an. Mittlerweile nennt man es wohl einfach «Technik», denn die Gegenwart holt die Zukunft immer näher heran und hebt sie zunehmend auf. Durch ihre unstillbare Gier zu lernen, bedienen sogar die Kleinsten die kleinen Bildschirme wie ein Spielzeug. Den Kindern die Geräte vorzuenthalten ist nur noch über eine kurze Zeitspanne möglich, da sie von den Erwachsenen dauernd benutzt werden. Vorführeffekt. Der Besitz und Gebrauch eines Smartphones hat sich dermassen etabliert, dass man schon fast pfahlbauer-ähnliche Züge verströmt, sobald man nicht Up-to-date ist, geschweige denn keines besitzt. Die ständige Erreichbarkeit und der Blick in die digitale Welt nagt aber mit kleinen Bissen dauernd an der freien Zeit. Unserer Zeit. Lebenszeit.
Letzten Sonntag war der 1. Advent.
Eröffnet wird die Adventszeit schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Erleuchten eines Adventskranzes. Der Adventskranz sollte Strassenkindern des beginnenden Industriezeitalters die Zeit bis Weihnachten verkürzen. Seither steht der sanfte Schein einer Kerze für das Licht und den Zauber der Vorweihnachtszeit. Wahrscheinlich gibt es auch eine Adventskranz-App? Das Gefühl das man in dem vom Adventskranz ausgehenden, schummrigen Licht verspührt, und die Zeit die man mit den Liebsten beim Genuss von feinen, selbstgebackenen Güetzi und einem heissen Getränk verbringt, kann die Technik nicht ersetzen.
Am 1. Dezember ist der erste Schnee gefallen. Pünktlich auf den meteorologischen Winteranfang.
Die Veränderung des Wetters oder der Jahreszeiten, planen wir in unseren Alltag und Zeitplan ein. Der Schnee verlangsamt den öffentlichen Verkehr und auf den Strassen entsteht Stau. Dadurch wird Schnee oft auf eine negative Art stigmatisiert. Wenn Schneeflocken fallen, verzaubern sie die Landschaft so, wie man einen Kuchen mit Puderzucker verziert. Wieder mal bewusst durch neugefallenen Schnee zu gehen und dem Knirschen, das durch die Schritte verursacht wird, bewusst zuzuhören, gibt ein wunderbares Gefühl. Dem kindlichen Impuls nachzugehen und Schneeflocken auf die offene Hand rieseln zu lassen, oder noch besser – die Zunge raustrecken und die natürliche Zuckerwatte so aufzufangen, zaubert unwillkürlich ein Lächeln aufs Gesicht. Schon nur die Tatsache, dass die fluffigen Flocken alle ihre eigene, individuelle Eiskristallstruktur haben ist ein Wunder. Auch, wenn sie millionenfach fallen – keine Schneeflocke ist gleich, wie die andere. WOW!
«Und du glaubst auch noch an den Weihnachtsmann?!»
Mit dieser Frage wird man oft auch mitten im Jahr konfrontiert, wenn man Hoffnung in etwas setzt, das von Anderen schon als verloren gilt. Dann, wenn man dem Leben mehr zumuten will, als es die Erfahrung oder vielleicht die Statistik zeigt, wird man als Träumer abgestempelt. Warum lassen wir die Kinder mit dem Glauben an all die fabelhaften Wesen wie dem Weihnachtsmann, dem Osterhasen, der Zahnfee, Kobolden und Waldelfen aufwachsen, um ihnen ab einem gewissen Alter – meist mit der Einschulung – diese Überzeugung wieder zu nehmen? Ist es Scham? Resignation? Eigene Enttäuschung? Einfach, weil es so ist?
Sich von der stirnrunzelnden Lehrerin in einem Elterngespräch erklären zu lassen, dass das Kind zuviel Fantasie habe und an Fabelwesen glaubt, wäre schrecklich. Peinlich. Elfen und Einhörner interessieren sich ja schliesslich auch nicht für Mathematik, deshalb haben sie im Unterricht keinen Platz. Höchstens eingestickt auf dem Schulrucksack oder dem Etui.
Wenn Dinge geschehen, die sich rational nicht auf Anhieb erklären lassen, sucht der Mensch so lange, bis er eine Antwort findet. Das Geschehene soll erklärt und, wenn nötig entzaubert sein. Für alles muss es eine Erklärung geben. Die gibt es bestimmt auch. Nur, ist sie auch immer richtig? Ist rationales Denken immer wahr? Ist Wissenschaft unfehlbar? Lässt sich wirklich alles erklären? Muss es das? Ein Zaubertrick ist doch immer dann am verblüffendsten, wenn man nicht weiss, wie er funktioniert.
Sind Drachen, Zwerge und all die fantastischen Wesen wirklich nur Ausgeburten der von mit sprühender Fantasie gefüllten Köpfen von Autoren und Dichtern? Wo kommen Dinge her, die noch niemand gesehen hat, wenn sie noch niemand gesehen hat? Wieso ist neben existierenden Tieren wie Schlange, Ratte und Tiger auch der Drache im chinesischen Horoskop vorhanden? Der Glaube an Naturgeister ist zum Beispiel in der isländischen Gesellschaft seit jeher tief verwurzelt. In Island spricht man vom versteckten Volk, vom Huldufólk – Elfen und Trollen. Die Isländer lassen ihr tägliches Leben von den Wesen beeinflussen und segnen von Elfen Baugenehmigungen ab.
Völker die im Einklang, mit den von der aufgeklärten Welt als Fabelwesen eingestufte Geschöpfen leben, gelten als abergläubisch. Wann wurde aber Wissen zu Glaube? Wann wurde Glauben zu Wissen? Wann haben Fakten Wunder ersetzt?
«Es ist wichtig, uns daran zu erinnern, dass wir alle Magie in uns tragen.» J. K. Rowling
Gotham City. Metropolis. Mittelerde.
Die Reise in fremde Welten in Form von Filmen, Büchern oder Comics, wird als Eskapismus bezeichnet. Auch Realitätsflucht oder Weltflucht – die Flucht aus der realen Welt und das Zurücklassen von deren Anforderungen in eine Scheinwirklichkeit mit einer imaginären und besseren Wirklichkeit. Das ist aber nur eine weitere, psychologische Klassifizierung des Menschen, um alles zu erklären und einzuordnen. Dabei können die bunten und zauberhaften Figuren und Wesen aus der Popkultur und Fantasie eine Brücke sein. Eine Brücke zu den Wundern, die sich hinter dem von Gesetzen und gesellschaftlichen Ablenkungen geknüpften Vorhang verstecken. Das Wunder der Natur, der Liebe und dem Vertrauen in das Leben.
Die Gesellschaft erschafft in Form von Bürokratie, Gesetzen, Vorschriften und vielem mehr ein «Monoton-Schablonen-Pflicht-Muster», das über uns alle gestülpt wird. Einige engt es mehr ein, Andere weniger oder gar nicht. Das Jahr 2020 hat eine neue Realität für alle erschaffen, höchstwahrscheinlich auch eine neue Gesellschaft? Massnahmen und Vorschriften haben sich vervielfacht. Überall Hinweise, Verbote oder als «Tipps» getarnte Vorschriften. Wie bewahrt man in dieser Zeit einen kühlen oder eher freien Kopf, und bleibt gelassen? Wie bewahrt man die Magie des Lebens? Wegschauen? Weghören? Vielleicht. Wahrscheinlicher aber mit hinsehen und hinhören. Die Frage ist, wo sieht man hin, wo hört man zu?
«Um die Magie zu entdecken, muss man sie sehen wollen – nicht nur in grossen Dingen, sondern auch in den kleinsten.» Francis Paul Wilson
Auch, wenn der Alltag mit seinen Ablenkungen, Dinge verschleiert, ist die Magie immer da. Überall. Im Grossen wie im Kleinen. Die Magie versteckt sich nicht und wird nicht erst durch einen Zauberspruch aktiviert. Ein zufriedenes Lächeln, das ein Gesicht erhellt ... Momente, die das Herz schneller schlagen lassen ... Gefühle, die man zeigen kann ... eine Melodie, die vergessen oder erinnern lässt ... die Natur mit all ihren Facetten ... die Verbindung von Mensch und Tier ... eine Berührung, die ein Kribbeln auslöst ... den gleichen Gedanken zur gleichen Zeit ... Vertrauen ... Liebe.
Unser Leben ist magisch. Wir können alle zaubern.
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