PAFF!!!
Ich bin nicht sicher, ob es sich genau so anhört, wenn ein Mensch auf den Asphalt knallt. Aber irgendwie so ähnlich habe ich es in Erinnerung. So lange ist es ja noch gar nicht her. Letzte Woche. Und ich selbst war es, der den Asphalt auf seine Festigkeit prüfte ...
Welchen Satz ich im angeregten Gespräch gerade formulieren wollte, ist mir entfallen. Ich weiss nur, ich bin gefallen. Ich habe mich an einem vergleichsweise Mini-Gehsteig (ca. 7 cm. Habe aber nicht nachgemessen.) vertreten. Mitten im Satz. Misstritt. Umgefallen. Verstört liegen geblieben. Dann sofort aufgestanden. Sitzt die Brille noch? Zähne ganz? Handgelenke? Finger? Gut. Soweit. AUTSCH! Linker Fuss nicht gut. Ebenso linker Rippenbereich. Beim Fallen habe ich den Arm eingeklappt und mir so die Rippen gequetscht. Prellungen. Ah ja, der rechte kleine Finger ist aufgeschürft und blutet. Ich kann stehen. Kann ich gehen? Ja.
Mein jahrelanger Wegbegleiter und Bandkollege Tinel und ich hatten uns an diesem Abend getroffen um uns vom Seeweg zwischen Spiez und Faulensee bei philosophischen Gesprächen von der Natur inspirieren zu lassen. Genau so war es auch. Der See. Der Mond. Die Bäume. All das hat die Gespräche ergänzt und getragen. Mein Misstritt geschah auf der letzten Meile ...
Tinel war so baff wie ich, als ich völlig unangekündigt einfach am Boden lag. Mein 5dl-Pet-Fläschchen hat beim Sturz wohl die bessere Figur gemacht als ich. Jedenfalls lag es unversehrt neben mir. Angeschlagen hinkte ich mit Tinel den vorgesehenen Weg Richtung Schloss Spiez, wo wir parkiert hatten. Im Schlosspark versuchte ich mich zu fassen und hatte mit Tinels Beisein eine dankbare Begleitung, die mich mental und energetisch stützte. Nichtsdestotrotz musste ich den Abend früher als geplant abbrechen. Ich fühlte mich nicht so gut. So wie man sich halt fühlt, nachdem man auf den Asphalt geknallt ist.
«Und warum fallen wir? Damit wir lernen können, uns wieder aufzurappeln.» Batman begins
Zuhause angekommen. Wie schlimm ist es?
Hm ... es ist ja nicht mein erster Misstritt. Mein erster Sturz auch nicht. Die Aura des Tolpatsches umströmt mich schon seit Kindesbeinen. Aber es ist lange her, seit es mich so extrem zusammengelegt hat. Kühlen. Hochlagern. Pflegen. Pause. Auszeit. Ungeplant. Aber gerade deshalb nötig.
Immer wieder steht man im Leben vor Wegen. Vor Kreuzungen. Vor Entscheidungen.
Zögert man zu lange? Ist man zu voreilig? Welchen Weg wählt man? Manchmal will man umdrehen. Stehen bleiben. Verzettelt sich mit sich selbst. Und meistens dann knallt es.
Manchmal muss man auch nicht alles zu philosophisch hinterfragen und zu tief graben. Man muss nicht aus allem etwas interpretieren. Manchmal stürzt man einfach. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Aber wenn man sich Gedanken dazu macht, wann im Leben es passiert, zeigt sich meist, dass alles seinen Grund hat. Annehmen. Verarbeiten.
Manchmal muss man physischen Schmerz spüren, um zu erkennen wo man hadert.
Die Frage ist, was macht man aus der Situation?
Die ersten Tage habe ich mich mit dem «Warum» herumgeschlagen und bei jedem Mal, wenn ich den Schmerz spürte, geächzt und gestöhnt. Geschrien habe ich auch. Wenn ich mich ruhig verhalten habe, habe ich nicht viel gespürt. Gut. Körper und Geist brauchten Ruhe. Die habe ich mir genommen. Ich habe aber auch gemerkt, dass es mehr schmerzt, wenn ich mich aus der Ruhe heraus bewege, als, wenn ich mich immer ein bisschen bewege. Balance.
Nun, gestern ist der Sturz eine Woche her. Ich laufe schon wieder ganz gut ... aber bedacht. Auch die Rippenschmerzen klingen langsam ab. Ich brauche Geduld, merke aber, dass ich es ganz gut weggesteckt habe. Bandagen und Bewegung helfen dem physischen Schmerz, während Selbstreflektion dem seelischen Knacks helfen. Für Prellungen gibt es die richtige Salbe die kühlt und wärmt. Für die Seele gibt es den Glauben und liebe Menschen an der Seite, die im Gespräch Heilung und Kraft geben.
Die Situation annehmen, beschleunigt die Heilung.
Verarbeitung hilft zu verstehen.
Der Sturz hat eine weitere Schicht aufgeknackst, die ich ablegen kann. Danke.
Ich bin gefallen.
Ich habe mich aufgerappelt.
Jetzt weiss ich wo ich stehe.
Ich gehe weiter.
Gestärkt.
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Brigitte Fankhauser (Samstag, 20 März 2021 10:57)
Lieber Jwan
Hier mein persönliches Zitat
Ich will als Samenkorn ins Nichts um etwas zu werden..in mir keimt das Leben.
In Liebe und Dankbarkeit für deine Idee von neuen Lebensformen des Zusammen Gehen..Deine Seite hat mir sehr gefallen. Herzliche Grüsse aus Gunten am schönen Thunersee.
Brigitte
Jwan Reber (Montag, 22 März 2021 14:42)
Liebe Brigitte
Herzlichen Dank für deinen Bericht und das persönliche Zitat. Wunderbar.
Das nehme ich gerne mit auf den weiteren Weg.
Ich wünsche dir viele lichtvolle Momente und grüsse dich herzlich.
Jwan