Ich bin in Frutigen geboren und aufgewachsen.
Mein Heimatort ist Diemtigen.
Ich habe meine Lehrjahre in Thun verbracht und die Gewerbeschule in Bern besucht.
Die Rekrutenschule habe ich auf dem Monte Ceneri im Tessin absolviert.
Ich habe in Thun, Interlaken, Spiez, Uetendorf, Steffisburg und Pohlern gearbeitet.
Ich habe in Frutigen, Steffisburg, Pohlern und Thun gewohnt.
Ich bin nach Italien, Korsika, Griechenland, Deutschland, England und Amerika gereist.
Jetzt wohne ich in Jegenstorf.
Ich durfte in meinem Leben schon viele Orte sehen und erleben. Schöne Orte. Schöne Reisen. Ich habe an einigen Orten mehr oder weniger Zeit verbracht. Je nachdem, auf welchem Weg mich das Leben hinführte. So viele Orte durfte ich sehen und noch viele mehr, gäbe es noch zu sehen ... findet man auf Reisen seine Heimat? An einem Ort, oder in sich?
Auch, weil ein Umzug immer wieder ein Thema sein kann, fiel es mir schon schwer, mich durch einen Ort definieren zu lassen. Vor allem beim Ausfüllen von Formularen oder ähnlichem. Es liegt aber wohl in der Natur des Menschen, dass er das Gegenüber einordnen will. Aussehen. Dialekt. Herkunft. Die Nachfrage und das Wissen über den Ort, wird oft wie eine Blaupause über das Vis-à-vis gelegt. Zuordnen. Verknüpfen. Wer bist du? Woher kommst du?
In einem Gespräch braucht es von mir daher nicht sonderlich viele Sätze, um herauszuhören, dass ich aus dem Berner Oberland komme. Aus Frutigen. Mittlerweile wohne ich schon seit gut elf Jahren nicht mehr dort. Seit ich aus der Schule bin, habe ich schon immer ausserhalb von Frutigen die Lehre gemacht und gearbeitet. Aber die verschiedenen sprachlichen Einflüsse haben die kantigen Ecken meines Dialekts nicht abzuschleiffen vermocht. Manchmal schleichen sich zwar ein paar dialekt-fremde Worte ein ... manchmal «luegeni» statt dass ich «gugge». Aber der Flow meiner «Heimat-Schnauze» bleibt.
Warum fiel es mir dann eigentlich schon schwer, mich durch einen Ort definieren zu lassen?
Weil ich finde, dass ein Niederlassungsausweis und die Identitätskarte den Menschen nicht ausmacht. Die gesetzlichen Zuordnungen sind nur bürokratische Definierungen die digital und auf Papier hinterlegt sind. Es entstand aus den Strukturen, die der Mensch mit den politischen Grenzen zwischen Ländern und Staaten geschaffen hat. Ich selbst sehe mich am liebsten als Erdenbürger. Erdling.
Warum habe ich mir die Frutiger Flagge dann gerade erst vor kurzem besorgt, wenn ich mich nicht durch einen Ort definieren lassen will? Weil die Flagge schön ist? Weil der schwarze Adler mit goldener Krone einen Ort mit Würde, Stolz und vielleicht sogar königlichem Geblüt vermittelt? Nein. Abgesehen davon, dass mir die Frutiger Flagge wirklich sehr gut gefällt, hat es andere Gründe. Egal, welche Orte ich auf der Welt noch bereisen darf, egal, wo ich noch wohnen werde – Frutigen wird immer einen wichtigen Platz in meinem Leben einnehmen.
Es ist der Ort meiner Eltern. Meiner Familie.
Meine Eltern haben vor langer Zeit entschieden, dass Frutigen der richtige Ort ist, um eine Familie zu gründen. Ein gemeinsames Leben zu leben. Meine Eltern waren mein Zuhause, sie sind meine Heimat. Der Ort, den sie für Geburt, die Ankunft, meiner Brüder und für mich gewählt haben, ist mein Ausgangspunkt. Mein Ausgangspunkt für meine Wege die gekommen sind und für die, die noch kommen werden. Mein Ausgangspunkt für mein bisheriges Leben und das Leben, das noch bevorsteht.
Der schwarze Adler mit der Krone, repräsentiert nicht nur den Ort, vielmehr meine wichtigen Jahre der Kindheit. Der Adler steht nicht für die Gemeinde, vielmehr für meine Wurzeln. Für den Boden, den meine Mutter und mein Vater für das Erblühen eines Menschen, ihrer Söhne, gewählt haben. Danke.
Wo komme ich wirklich her?
Wohin gehe ich?
Wo werde ich sein?
Wieviele Orte werde ich noch begehen?
...
Auf allen Wegen, wird der schwarze Adler mit der goldenen Krone über mir kreisen.
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