Füdleblutt.

Ds Jahr ergit sech sim Endi, u verbeugt sech no mal. Hets Applous verdienet? Buhruefe? Wahrschinlech gits ä Kakophonie us beidem. Empörte Applous. Fröhlechs Gebuhe. Oder so ähnlech. Aber wär beurteilt das? Schlussamend, jede Mensch für sich sälber. I gloube, jedes Jahr isch so guet wie jedes andere o. Das wo uf dr Wält passiert, oder äbe nid, stüüre mir Mensche. Da cha ds Jahr nüd derfür.

 

Uf jede Fall isch viel passiert. Die präzise Jahresrückblicke mache anderi, aber so quer über d’Mönet zrügg gluegt, summiert sech scho öpis zäme. Im Chline, wie im Grosse ... Lady Corona het d’Chrone abgäh, um am Chrieg Platz z’mache. Äs hei sech viel wältbekannti Lüt verabschiedet – einersits mitem Rücktritt, anderersits mitem Tod. Äs gibt viel Ufruehr ... überall ä chli wäge diesem oder jenem, aber glich no nid einig. Dr Chrieg macht ar Fuessball-WM Platz. Äs wärde halt Prioritäte gsetzt: öb medietechnisch oder politisch – sälte ir Rücksicht ufe Mensch u d’Natur, viel meh i dr Ussicht uf Profit u finanzielle Wachstum.

 

I däm Jahr isch d’Queen gstorbe. D’Mueter vo Chind u vomene ganze Land. Die ganzi Wält het dervo brichtet. Aller heis ufe eint oder ander Wäg mitübercho. Aber äs sy o vieli im Stille gange. Will sie niemer oder nume no Wenigi hei kennt. Vilech aber im Friede mit sich u miter Kapitulation vorem Alter. Aber mengisch o z’früeh, brutal, tragisch u usem Läbe grisse. Mä cha nid über aller Schicksal brichte, das isch sicher so. Aber we i dä Nachrichte, jede Tag ä Minute Zit für all die Verstorbene u Hinterbliebene ygrächnet würdi, überchiemte ganz vieli Mensche, Anerchenig, ä Verabschiedig u ä Gedanke mit ufe Wäg, o we sie derbi anonym würde blibe. U de chönte mä ono gad all die Neugeborene begrüesse, u däne chline Menschli ä gueti Akunft uf dr Wält une schöne Läbenswäg wünsche. U wahrschinlech heti dä Satz sogar i weniger als ire Minute Platz. Ganz bescheide eigentlech. Da wird nämlech über viel, viel – chum da bruchts no eis meh – vieeeel meh Nonsens brichtet. Mitere sone Idee isch mä ä Träumer u Romantiker ... aber schön wäri das doch. Oder?

 

Ä Träumer z’sy het i dr herte Realität chum Platz. Mä wird de scho vo de Tatsache gweckt, oder de zmindscht vo Lüt wo das nid sy. Vo sörigne wo das no nie hei chöne sy ... abers o gärn wäre. Aber d’Wält isch scho ging vo Träumer veränderet worde. Mengisch bruchts dr Blick wäg vo de Ereignis, um wieder klarer chöne z’gseh. Jede Mensch erläbt d’Realität uf sini Wiis u het ä eigeti Meinig. Die letschte Jahr sy ä Heruusforderig für d’Denkwiis u Haltig vo üs allne gsi. Dr moralisch Kompass het nid bi allne glich usgschlage, u het nid aller ufe glich Pfad gfüehrt. O we dä Pfad gad i de Krisene, vo dr Politik u vom Staat sy empfohle, verschriebe oder vorgschriebe worde. D’Zit wo vergange isch, het aber zeigt, dass d’Wahrheit leider o immer Asichtssach cha sy. Die sogenannte Schwurbler, sy doch nid bi allem ganz ä so falsch gläge, die brave Bürger o nid – aber irgendwie isch das wäge anderne Ereignis versandet. Äs klärends Wort schint no offe ... aber vilech isch o nume alles uf Yys gleit u wird de im Früehlig wieder uftout. Wär weis?

 

Dr Titel vo däm Jahresendbricht isch «Füdleblutt».

Wie bi jedem Jahresändi offebart sech mir ä Metapher ... äs isch scho ä Mantel gsi, Füür, Musig, äs Mosaik, äs Roubtier, ä Tür ... u das Jahr isches äbe «Füdleblutt». Werum? I ha mir Gedanke gmacht ... wie erwähnt sy gad die letschte Jahr ä Heruusforderig gsi – für die ganzi Wält, aber o für aller Mensche ganz individuell. Ereignis u Gschehnis überschnide u überlagere sech u ergäbe so ä Flicketeppich us tuusig Stoffe u Muschter. I däne Gschichte isch sichtbar worde, wie vielmals mit dr Wahrheit umgange wird ... wie miteme Stück Lehm, wo jede chli nach sim Gusto formt. Mengisch bewusst. Mengisch unbewusst. I beidne Fäll, will mäs nid besser weis oder äbe will mä z’viel weis. Mengisch fehlt äs Stück vo dr Gschicht u trotzdem würd sie verzellt. Das cha bi vielem guet sy, bi anderem nid. U när seit mä doch bi so Gschichte mengisch sprichwörtlech: «Muesch nid bi Adam u Eva afah ...»

 

U itz wäremer doch genau da: Füdleblutt.

Vilech sött mä viel meh, wieder bi Adam u Eva afah. Füdleblutt äbe. Die Zit vorem Öpfel.

 

Itz isches ja so, das i üser Gsellschaft d’Nacktheit eigentlich äs No-go isch u fasch immer mit öpis skandalösem verbunde wird. Nackt gleich Sex. Sex gleich Tabu. Nacktheit isch o bi jedem anders prägt. Für die einte isches ganz normal u für anderi höchscht unagnähm. Also, gschider gar nid drüber rede. Derbi chömemer doch aller füdleblutt uf d’Wält. Nackt isch unschuldig. Nackt isch rein. Dr Ur-Zuestand vo üs Mensche. Vorem Biss i Öpfel. Vor dr Vertribig usem Paradies. Bevor d’Nacktheit isch piinlech gsi u mä sech gschämt het derfür. I üser Gsellschaft heimer hüt aber o mit verkorkste Standards äs verdreits Bild gschaffe, wie ä nackte Körper sött usgseh. Mir sy nid aller athletisch u glich boue. Punkt. Das macht üs ja zu Mensche. Aber äbe, äs geit ja um meh als nume ds blutt sy.

 

Die Metapher vom füdleblutte Jahr het nämlech weniger miter Optik als mitem Gfüehl z’tüe – nid daser öich z’fescht i Bilder verlieret. Nackt isch o ä Gfüehlszueschtand. Mä isch verletzlech. Ungschützt. Eifach da. Mä het nüd z’verbärge. Mä isch so wie mä isch. We öpper vor vielne Lüt mues rede, seit mä doch: «... u stell dr aller nackt vor!». Das söll vermittle, dasmer füdleblutt äbe aller glich sy. Da vermittlet ke Azug, ke Uniform, kes Tenü, kes Chleid u ke Schmuck, was mä fürne Status het, u i welem Milieu das mä läbt. Sogar d’Tattoos verrate das nüme.

 

Mir wei wieder zrügg zu Adam u Eva u dert dr Ursprung vo dr Nacktheit sueche. Da geits ja nid drum, dasmer zrügg zum Unwüsse wei, viel meh, zrügg zu dr Unschuld. Zrügg zum Vertroue. Zrügg zum Itz. Zumene Zuestand womer d’Chleidig als Mode u Verzierig vo üsem Wäse chöne trage, aber das sie nid mues Rüschtig u Schutzmuur sy. Zrügg zum Gspräch uf Ougehöchi. Wieder meh la d’Härze rede.

 

We öich aber «Füdleblutt» meh als ä Metapher söll sy, de löht nech das nid la nä. Nähmet nech ds nächscht mal chli meh Zit, wener nackt sit. Gspüret wie ursprünglech u rein sech das afüehlt. Wie im Paradies äbe. Mä cha de i dene Gedanke dr Öpfel la sy ... äs het ja gnue anderi Frücht.

 

I däm Sinn wünscheni öich ös wundervolls, gsunds, glücklechs u eifach rundum glungnigs 2023!!!

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